Der Geist hat seine Landschaften, deren Betrachtung ihm nur eine Zeitlang gestattet ist: Am Ende seines mehrbändigen Werks Auf der Suche nach der verlorenen Zeit sieht sich Marcel Proust rückblickend als Maler, der einen Weg erklimmt, unter dem ein See sich breitet, dessen Anblick ihm ein Vorhang aus Felsen und Bäumen verbirgt. Durch eine Lücke in diesem Vordergrund entdeckt er den See ganz und gar vor sich liegen, und er greift zum Pinsel. Aber da kommt auch schon die Nacht, in der er nicht mehr malen kann und hinter der kein Tag sich wieder erhebt. Im nächsten Satz ist nicht nur der Tag, sondern auch der Gedanke erloschen. Es geht schließlich um die Frage: Ist noch Zeit dafür? Der Verlust des Lichts übernimmt den Verlust der Zeit. In diesem Sinne wäre der Titel des letzten Bandes eine Überraschung, aber er verweist auf die Erkenntnis, daß das Kunstwerk das einzige Mittel ist, die verlorene Zeit wiederzufinden.
Quelle: Marcel Proust (Übers. Eva Rechel-Mertens), Die wiedergefundene Zeit (S.489f,501,302), Frankfurt am Main 1984

 

Die Sprache da oder dort zeigt uns bildlich, was der Verlust von Licht bedeuten kann: Das italienische Si è spenta und das französische S’éteindre bedeuten ein Erlöschen beziehungsweise Sich-Erlöschen und meinen damit nicht nur das Licht oder das Feuer, sondern auch das Leben. Ausfallen, schwinden, sterben. Es ist die Vorstellung eines für immer verlöschenden Tageslichts. Die Sprache erinnert an den Verlust.
Quellen: Wörterbuch Italienisch, Wörterbuch Französisch

 

Jean-Luc Godard wollte die Dunkelheit auf die Leinwand bringen. Sein Film Alphaville aus dem Jahr 1965 wurde im nächtlichen Paris gedreht, in der Vorstadt, bei spärlicher öffentlicher Beleuchtung, mit überempfindlichen Filmen und teilweise unbelichtetem Material. Das Ergebnis ist ein Nachtfilm ohne Licht, in mehrfacher Bedeutung: Die Stadt wird von einem monströsen Computer mit dem Namen Alpha 60 beherrscht, dieser ist das Werk des Professor von Braun, der jede Entwicklung dominiert und kontrolliert. Die Liebe ist verboten, die Kunst verbannt. In der nächtlichen Dunkelheit bewegen sich die Personen um konkrete Lichtquellen herum: Lampen, Scheinwerfer, Feuerzeuge. Nackte Glühbirnen an hängenden Kabeln reflektieren ihr Licht in Glasscheiben und Spiegeln oder bewirken spezielle Effekte, indem sie wie ein Pendel hin und her bewegt werden. Ein Scheinwerfer vor schwarzem Hintergrund blendet in Großaufnahme die Kamera und das Publikum. Für Godard war diese dokumentarische Weise eine Konsequenz, um zu überleben – wie er in seiner Einführung in eine wahre Geschichte des Kinos erklärte, in anderen Worten: So macht man dann Filme mit weniger Aufwand. Konkret nannte er als Beispiel den Supercomputer, verkörpert von einem Philips-Ventilator für drei Dollar, von unten angeleuchtet. Das karge Licht aber strahlt hier für die Liebe. Und für die Kunst, die Liebe erstrahlen läßt.
Quellen: Jean-Luc Godard (Regie), Alphaville, Frankreich 1965
Jean-Luc Godard (Übers. Frieda Grafe, Enno Patalas), Einführung in eine wahre Geschichte des Kinos (S.109), Frankfurt am Main 1984

 

Ursprünglich war es eine defekte Lampe, die Donald Duck dem Diplomingenieur Daniel Düsentrieb – so hatte Dr. Erika Fuchs Gyro Gearloose in ihrer deutschen Übersetzung getauft – zur Reparatur brachte: eine Glühlampe, geschraubt auf einen drahtigen Körper, elf Zentimeter hoch und von strahlender Intelligenz, angeblich erstmals 1956 gezeichnet. Der kleine Gefährte für den berühmtesten Erfinder von Entenhausen war dessen wichtigster Assistent und wurde folglich Little Helper genannt, in der deutschen Übersetzung entsprechend Helferlein. Der italienische Übersetzer dieser Geschichten und ihrer Protagonisten, Guido Martina, assoziierte nicht akademische Titel, sondern zitierte die großen Denker unserer Kultur: Der Erfinder heißt demnach Archimede Pitagorico, sein Helfer wird Edi genannt, als Hommage an Thomas Alva Edison.
Quelle: www.duckipedia.de (Zugriff: 13.8.2012)

 

Während der Begriff Glühlampe der Fachsprache angehört und der lexikalischen Definition entsprechend eine elektrische Lichtquelle meint, bei der in einem luftleeren oder mit Gas gefüllten Hohlkörper aus Glas ein elektrisch leitender Faden oder Stift durch den hindurchfließenden Strom zum Glühen gebracht wird, stammt die synonyme Bezeichnung Glühbirne aus der Umgangssprache und bezieht sich auf den birnenförmigen Glaskolben. Um den Verlust durch Verbot dieser bewährten und gefälligen Form zu verharmlosen und den Zwang zum Kauf neuer Leuchtkörper zu beschönigen, werden diese der Glühbirnen-Form angepaßt.
Quelle: Dudenredaktion, Deutsches Universalwörterbuch, Mannheim 2007

 

Im Andenken an die Opfer unserer Zivilisation führt Peter Zumthor in Vardø, im Bezirk Finnmark im nördlichen Norwegen, aus der Finsternis ins Licht: In einem langen dunklen Gang rahmt diese Memoria Passionis für jedes der 91 Opfer der Hexenverfolgung, die hier, an dem Steilneset genannten Ort, im 17. Jahrhundert gefoltert und lebendig verbrannt worden sind, ein kleines Fenster in die Landschaft. Nicht nur: Es hängt eine Glühlampe in jedem der Fenster. Daneben erinnert eine Tafel an den jeweiligen Namen und die Daten und an die Umstände, Verleumdungen und Anschuldigungen, die zum Todesurteil geführt haben. In einem zweiten Bau wird auf einem metallenen Sessel das Feuer der Louise Bourgeois innerhalb dunkler Scheiben und unter sieben mächtigen Spiegeln reflektiert. Im Winter, wenn die Sonne nicht mehr erscheint, leuchten in den Fenstern die Lichter der Opfer weithin, ohne zu verlöschen, und das Feuer brennt, im Gedenken an die Leidensgeschichten dieser Menschen und im Eingedenken an die von Menschen verbrochenen Leidensgeschichten der Menschheit – uns allen zum Trost und als Lichtblick.
Quelle: Peter Zumthor, Memorial for the Victims of the Witch Trials in Vardø, Finnmark, Norwegen 2011

 

Im letzten Kapitel seiner 1928 erschienenen Erzählung Nadja beobachtet André Breton in einer Fußnote – er spricht im Text vom zeitlichen Zwischenraum, der überholt wird – einen merkwürdig gewissenhaften Maler an seiner Staffelei auf dem Quai du Vieux-Port in Marseille etwas vor Tagesende. Er kämpft auf der Leinwand mit dem sinkenden Licht. Der helle Fleck, der die Sonne darstellt, sinkt nach und nach mit der Sonne hinab. Schließlich ist es dunkel. Der Maler ist plötzlich ins Hintertreffen geraten. Er verdeckt das Rot auf einer Mauer, er löscht ein oder zwei Lichter auf dem Wasser. Der Zeitraffer, den er festgehalten hat, ist letztlich nicht mehr sichtbar. Für Breton ist es das unfertigste Bild auf der Welt, es scheint ihm sehr traurig und sehr schön. Walter Benjamin, diese Stelle in seinem Passagen-Werk im Zusammenhang mit der Beschleunigung des Zeitverlaufs in den Darstellungen von Dioramen zitierend, denkt dabei an das Trostlose einer μιμησις [Mimesis].
Quellen: André Breton (Übers. Max Hölzer), Nadja (S.114), Frankfurt am Main 1989 / Walter Benjamin, „Das Passagen-Werk“, in: Gesammelte Schriften (S.657), Frankfurt am Main 1991

 

Die Werbung propagiert einerseits das offizielle Verbot der Glühlampe und stilisiert andererseits nach wie vor einen sogenannten Geistesblitz mit einem Bild des strahlenden Leuchtkörpers. Auch als Zeichen für Bildung scheint er noch gut genug zu sein, ebenso für Wissenschaft, für Kreativität, für Erleuchtung, für Wissen, für Intuition, für Fortschritt, für Weitsicht, für Innovationen, Visionen, Entscheidungen, kurz: für jede gute Idee. Als Objekt schon längst auf den Müllhalden zerstört, reduziert sein Abbild das Denken auf Plakaten, Leinwänden und Bildschirmen.
Quellen: Werbung und Medien

 

In vielen Mythologien der Welt manifestiert das Licht Göttlichkeit und Schöpfung, damit auch Leben und Wahrheit, Erleuchtung und Erkenntnis, Glanz und Freude. Das Licht ist die Quelle des Guten, es wurde zuerst geschaffen, es vertreibt das Böse und die Finsternis. Das Licht ist mit Anfang und Ende verbunden, mit Geburt und Tod, mit Liebe und Weisheit. Die verschiedenen Religionen haben die entsprechenden Gottheiten und Riten in ihrem Sinne und nach ihren Bedürfnissen verwendet und gewandelt, die gegenseitigen Einflüsse sind unverkennbar, die Namen verwandt. Eine keltische Lichtgöttin war Brigit. Der Kult zu ihren Ehren reicht bis in die Steinzeit zurück. Sie wurde unter vielen Namen und Gestalten im gesamten keltischen Raum verehrt. Ihr galten die Feiern zum Frühlingsbeginn, dem Imbolc, nach dem keltischen Kalender entsprach dies dem 1. Februar. Das Fest begann in der Nacht davor, also noch in der Dunkelheit: Es ging darum, die Wiederkehr des Lichts zu erleben und die kommenden, länger werdenden Tage zu zelebrieren. Dieses Ritual wurde im Zuge der Christianisierung vereinnahmt, die Göttin wurde zu einer Legende und zu einer Schutzheiligen mit dem Namen Brigitte, die im irischen Kildare ein Kloster gegründet haben soll. Als Patronin Irlands – nach dem heiligen Patrick – wird sie immer noch am 1. Februar gefeiert. Die katholische Kirche aber mußte das heidnische Lichtfest in Verehrung einer Lichtgöttin zum Guten wandeln und führte den Tag in den nächsten und nannte ihn Mariä Lichtmeß, im jährlichen Gedenken an die Reinigung der Gottesmutter, die – den jüdischen Vorschriften gemäß – für sieben Tage nach der Geburt eines Knaben als unrein galt, für weitere 33 Tage wegen ihrer Reinigungsblutung zu Hause zu bleiben hatte. Hätte sie ein Mädchen geboren, wäre die Zeit der Reinigung doppelt so lang gewesen. Am 40. Tag nach der Geburt des Sohnes konnte die Mutter im Tempel ein Opfer darbringen: Der Priester soll sie entsühnen und so wird sie gereinigt. So stehen die Reinigungsvorschriften im Levitikus, im dritten Buch Mose geschrieben. Die Göttin des Lichts hingegen bereinigte an ihrem Festtag die Härten der winterlichen Kälte und Finsternis. In diesem Sinne war sie auch die Schutzherrin der Künste, des Handwerks und der Heilkunst. Für den christlichen Glauben aber mußte sie sich grundlegend ändern, um als Gestalt weiterleben zu können.
Quellen: Jean Markale (Übers. Béatrice Bludau, Wieland Grommes), Die Druiden – Gesellschaft und Götter der Kelten (S.149ff), Darmstadt 2005 / Die Bibel, drittes Buch Mose (Levitikus) 12, 1-8

 

Der Glühbirne geht es an den Sockel, so und ähnlich formulieren märkteschreierisch die Medien, und zugleich werden Infos zum Glühbirnen-Verbot publiziert, zusammen mit den diversen Ankündigungen und Angeboten der Elektro- und Elektronikindustrie. Die LED ist definitiv am Markt angekommen, heißt es da, denn der Glühbirnenersatz wird – noch bevor die Anwendung der Technologie als ausgereift bezeichnet werden kann – unter dem Stichwort Retrofit beworben und verkauft. Am Farbwiedergabeindex, an der Rundumstrahlung und am Temperaturmanagement wird angeblich noch gefeilt, in anderen Worten: Der eine Konzern experimentiert mit Kühlrippen über dem Glas der LED-Retrofit-Birne, der andere versucht es mit einer Flüssigkeitskühlung. So oder so: Im Gegensatz zur herkömmlichen Glühlampe ist eine LED ein hochtechnisches Elektrogerät in Lampenform. LED-Lampen seien daher – so die Informationen – anders als der Sondermüll Energiesparlampe als Elektroschrott zu entsorgen, eine Formulierung, die Begriffe verwirrt, um sie Werbeinteressen anzupassen. Nach den Verordnungen der EU aber fallen ausgediente LED- ebenso wie Energiesparlampen unter Elektro- und Elektronikschrott und gehören daher beide zum Sondermüll – ein inzwischen allerdings als umgangssprachlich deklarierter Begriff: Innerhalb der EU lautet der heute gebräuchliche juristische Fachterminus Gefährliche Abfälle beziehungsweise Hazardous Wastes und bezeichnet allgemein Abfallstoffe, die eine potentielle Gefahr für die Gesundheit und/oder die Umwelt darstellen. Eines ist damit zum wievielten Mal schon bestätigt: Was zu Edisons Zeiten noch als Experiment auf dem Weg der industriellen Entwicklung gegolten hat, wird heute bereits als ultimativer Verkaufsschlager im Übermaß produziert und propagiert und mit allen Mitteln sozusagen an den Mann gebracht. Nicht lange: Das Folgeprodukt wartet schon auf den Märkten, um den unzulänglichen Bestand zu ersetzen.
Quellen: news.orf.at/stories/2119470/2119471/eur-lex.europa.eu/de/index.htm (Zugriff: 13.8.2012)

 

Lichtspiel ist nach Duden ein Begriff veraltend für Film, Lichtspieltheater ist der entsprechende Terminus für Kino. Es ist erstaunlich, daß im 21. Jahrhundert diese ursprünglichen Bezeichnungen gerne wieder von Institutionen da und dort im deutschen Sprachraum für die Benennung und Bewerbung ihrer neu geschaffenen Stätten aufgegriffen werden.
Quellen: Dudenredaktion, Deutsches Universalwörterbuch, Mannheim 2007 / Internet

 

Paul Cézannes Serie der Montagne Sainte-Victoire ist die Realisation (réalisation) einer Landschaft, ein Begriff, mit dem er immer wieder seine künstlerische Arbeit umschrieben hat. Er will das Licht darstellen, er wählt dazu den Berg als Motiv. Realisieren (réaliser) ist nach seiner Formulierung die Übertragung von farbigen Sehdaten (sensations colorantes) und – entgegen der konventionellen Sehgewohnheiten – ein Akt des Vergessens, nämlich jeglicher Voreingenommenheit. Die Funktion der Farbe ist Licht: Es sei eine Notwendigkeit – so Cézanne in einem Brief an den Maler Emile Bernard und in seinen Gesprächen mit dem Schriftsteller Joachim Gasquet – in unsere durch die roten und gelben Farbtöne wiedergegebenen Lichtvibrationen eine genügende Menge von Blau zu mischen, um die Luft fühlbar zu machen.
Quellen: Michael Doran (Hg.), Gespräche mit Cézanne (S.44,150), Zürich 1982 / Gottfried Boehm, Paul Cézanne – Montagne Sainte-Victoire (S.54f), Frankfurt am Main 1988

 

Wenn es dunkel wurde, hörte Renoir auf zu malen; er mißtraute dem künstlichen Licht. Das berichtet der französische Filmregisseur Jean Renoir über seinen Vater Pierre-Auguste Renoir. Die Suche nach einem anderen Licht zwang die Familie oft, den Wohnsitz zu wechseln.
Quellen: Jean Renoir (Übers. Sigrid Stahlmann), Mein Vater Auguste Renoir (S.8), Zürich 1991 / Jean Renoir (Übers. Frieda Grafe, Enno Patalas), Mein Leben und meine Filme (S.20), Zürich 1992

 

Nicht nur Wolken und blauen Himmel – als Hintergrund, als Ausschnitt, als Einschnitt in einer Komposition – sehen wir in diversen Gemälden von René Magritte, auch andere Motive erscheinen immer wieder, beiläufig oder vordergründig oder bildfüllend. Der jeweilige Titel belebt die Wiederholung der Thematik – eine solche repräsentiert auch die Straßenlaterne. Eine besondere Rolle spielt sie in der Serie L’empire des lumières, auf deutsch Das Reich der Lichter, entstanden in den Jahren 1953/1954. Da leuchtet sie im Mittelpunkt der unteren Bildhälfte vor einer Hauswand, fast alle Fensterläden sind geschlossen, hinter zwei Fenstern im oberen Geschoß brennt Licht, es ist Nacht. Auf einigen Varianten der Serie wird diese Szene in einem Gewässer im Vordergrund der Straße gespiegelt bis zum unteren Bildrand. Ein dunkler Baum ragt hoch in die obere Bildhälfte in den Himmel, und da wird ein Widerspruch sichtbar: Die stockdunkle Nacht kontrastiert hier wie ein Scherenschnitt vor dem hellichten Tag. Für Magritte scheint dieses Aufrufen von Nacht und Tag […] die Macht zu haben, uns zu überraschen und zu bezaubern. Diese Macht nenne ich: Poesie. Nach dem Titel aber ist es kein Widerspruch, denn es sind eben Lichter, in einem Rahmen vereint. Die Titel müssen – so Magritte, nach der Rolle seiner Bildtitel befragt – ein zusätzlicher Schutz sein, der jeden Versuch, die wahre Poesie auf ein folgenloses Spiel zu reduzieren, entmutigen soll.
Quelle: Wieland Schmied (Hg.), René Magritte (S.31, Tafel 87,89), München 1987

 

Große Kontroversen löste im Jahr 2001 die Installation des britischen Künstlers und Musikers Martin Creed in der Londoner Tate Britain aus: Hatte der Konzeptkünstler bis dahin schon mit sogenannten minimalistischen Eingriffen die Kritik und das Publikum irritiert, so wurden diesmal zum Teil heftige Aggressionen frei. Der Künstler präsentierte einen leeren Ausstellungsraum, in dem – im Fünf-Sekunden-Takt – das Kunstlicht ein- und ausgeschaltet wurde. Die Provokation liegt vielleicht in den Titeln seiner Werke. Sie sind von unergründlicher Direktheit, die nichts anderes als eine Tatsache, einen Zustand, eine Situation so exakt und so kurz wie möglich zu beschreiben sucht. Der also entsprechende Titel Work No. 227: The lights going on and off hat die Besucher einerseits in Aufregung versetzt, andererseits in die Flucht geschlagen. Möglicherweise wird das Fehlen eines jeglichen Geheimnisses in der Kunst als Affront empfunden. Längeres Verweilen in diesem Licht-Dunkel-Raum machte aber auf geheimnisvolle Weise den Hintergrund des Ausstellungsbetriebs und dessen Dimensionen sichtbar: die Bedeutung von Öffnungen, die Konturen der Schattenbilder, die Kraft der Beleuchtung. Als der Künstler mit diesem Werk den Turner Prize 2001 erhielt, wurde Kritik in den Medien laut. Zum Auftakt der Olympiade 2012 aber beteiligte sich die britische Bevölkerung gerne an der Inszenierung ihres inzwischen weltweit in Ausstellungen vertretenen Künstlers: Angeführt vom Londoner Big Ben, der mehr als 40 Mal ertönte, läuteten im ganzen Land Kirchen- und Turmglocken drei Minuten lang zum Beginn der Spiele. Und die Menschen auf Plätzen und Straßen stimmten mit eigenen Glocken, Klingeln und ähnlichen Klanginstrumenten in das Konzert ein. Work No. 1197: All the bells in a country rung as quickly and as loudly as possible for three minutes – so der konsequente Titel dieses Werks, der in wenigen Worten eine Nation im Einklang beschreibt.
Quellen: www.martincreed.com
www.telegraph.co.uk/travel/destinations/europe/uk/london/9429902/All-the-Bells-in-London-ringing-in-the-Olympics-in-the-capital.html (Zugriff: 13.8.2012)

 

Viele zeitlose Beleuchtungskörper hat der italienische Architekt Achille Castiglioni entworfen, und sie sind jeweils aus den verschiedenen Qualitäten der verschiedenen Lichtquellen konzipiert. Die Tisch- und Wandleuchte Lampadina aus dem Jahr 1972 ist als Entwurf und Gestalt eine Würdigung der Glühlampen-Idee. In die Mitte einer Filmspule schraubte Castiglioni eine Fassung mit einer übergroßen, auf einer Seite teilweise sandgestrahlten Glühlampe. Die Filmspule diente als Basis für Tisch und Wand, zugleich um dazwischen das Kabel aufzuwickeln. In dem nach wie vor produzierten Serienprodukt besteht der Fuß inzwischen aus einer Aluminiumspule, die Lampe ist eine spezielle, nach dem Original entwickelte Longlife Globe Glühbirne mit circa 5000 Stunden Lebensdauer.
Quellen: Paola Antonelli, Steven Guarnaccia, Achille Castiglioni (S.66f), Mantova 2000 / www.flos.it (Zugriff: 13.8.2012)

 

Auch als Erfinder sieht sich der dänisch-isländische Künstler Olafur Eliasson, seine Auseinandersetzungen mit Lichtquellen aller Art beleuchten die Architektur auf besondere Weise. Die Installation in der Londoner Tate Modern The weather project im Jahr 2003 verwandelte die ehemalige Turbinenhalle mit Hilfe von Lampen, Wind- und Nebelmaschinen und der größten Spiegeldecke aller Zeiten in einen, von einer künstlichen Sonne beschienenen Raum. Im Sommer 2012 präsentierte das Museum des Künstlers neuestes Sonnen-Projekt, und zwar eine handtellergroße gelbe, in Form einer stilisierten Sonnenblume, mit Solarzellen betriebene und einer LED-Lampe ausgestattete Leuchte aus Kunststoff, die fünf Stunden Sonnenlicht in fünf Stunden Kunstlicht verwandeln kann. Am Projekt Little Sun hat Eliasson zusammen mit einem Ingenieur gearbeitet, am marktwirtschaftlich orientierten Geschäftsmodell Little Sun GmbH zusammen mit der Londoner Olympia-2012-Marketingfirma. Produziert wird in China, zum aktuellen Stückpreis von etwa 5,50 Dollar. Das Geschäftsmodell ist ein unverzichtbarer Teil des Kunstwerks, so Eliasson. Über Großhändler, Einzelhändler und schließlich Mikro-Einzelhändler sollen 50 Millionen Stück zum Preis von etwa elf Dollar bis zum Jahr 2020 verkauft werden. Nach der Idee des Künstlers wird es damit Licht werden für alle, die nachts noch im Dunkeln sitzen, das heißt: Seine Zielgruppe sind vor allem Menschen in armen Ländern. Jeder fünfte Erdbewohner hat keinen Zugang zu elektrischem Strom, sagt Eliasson, das sind 1,6 Milliarden Menschen. Für sie ist die Sache gedacht. Produktion und Vertrieb, Umtausch der wiederaufladbaren Batterie, Recycling nach mindestens drei Jahren Lebensdauer und Verkaufsprognosen – all dies sei Teil des gesamten Projekts, das im Zuge der Feierlichkeiten um die Olympiade in dem Event Tate Blackout präsentiert worden ist: Das Publikum durfte mit der kleinen Sonne in der Hand die Räume des dunklen Museums besuchen. Der Vorteil gegenüber anderen, ähnlich orientierten Projekten diverser Organisationen und der Weltbank ist ein grundsätzlicher: Es ist Kunst. Diese Lampe müsse – meint Eliasson – idealerweise zu einer Art Statussymbol werden, so wie für andere ein Hemd von Prada. Das Geschäft der vorgefertigten Entwicklungsidee läuft vorläufig über Museumsshops und online: Über die Internetseite littlesun.com ist der echte Olafur Eliasson für 20.00 Euro zu erwerben. Als Kunstwerk gibt das Objekt zu denken: Daß nämlich die verordnete LED-Lampen-Produktion es ermöglicht hat, die gesamte Leuchtstoffindustrie in Billiglohnländer zu verlagern. Auf Kosten und zu Gunsten wessen? Die Thematisierung dieses Aspekts wird in dem Projekt nicht beleuchtet – es wird hingegen dafür geworben.
Quellen: www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/olafur-eliassons-lampe-little-sun-spirituelle-sonne-funktionale-sonne-11820626.html www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1821291/ www.littlesun.com
(Zugriff: 13.8.2012)

 

Die Leuchtkäfer oder Glühwürmchen gehören zur Familie der Lampyridae. Viele Arten davon vermögen in Mittsommernächten Lichtsignale zur Kommunikation auszusenden. Die Biolumineszenz, also die Fähigkeit von Lebewesen, Licht zu erzeugen, entsteht hier durch den Naturstoff Luciferin. Beim Leuchten wird nahezu keine Wärme produziert, 95 Prozent der gesamten Energie wird in Licht umgewandelt, insofern spricht die Wissenschaft von kaltem Licht. Bisher hat keine künstliche Lichtquelle einen dermaßen hohen Wirkungsgrad. Diesem Käfer hat der italienische Liedermacher Gianmaria Testa ein Lied gewidmet: Una lucciola d'agosto erzählt von der Lebensfreude eines Glühwürmchens im August mit dem Mond in seinem Gepäck, erzählt weiter von seinem aussichtlosen Kampf mit dem mörderischen Licht der aufgehenden Sonne. Leblos scheint es weil lichtlos, die Sonne aber lächelt ihm aufmunternd zu. Zuviel Kunstlicht beeinträchtigt die nächtliche Kommunikation der Leuchtkäfer und macht sie untereinander unsichtbar. Die Fortpflanzung sei damit empfindlich gestört – das hat die Wissenschaft im Zusammenhang mit der sogenannten Lichtverschmutzung nachgewiesen.
Quellen: Gianmaria Testa, Una lucciola d'agosto, 2003 / www.gluehwuermchen.ch (Zugriff: 19.8.2012)

 

Die Sonne und das Magnetfeld der Erde bewirken das sogenannte Polarlicht, das nördliche heißt mit der wissenschaftlichen Bezeichnung Aurora borealis, das südliche Aurora australis. Nach den Mythen der Samen ist es eine Brücke zwischen Himmel und Erde, auch eine Verbindung zwischen den Lebenden und dem Reich der Toten. Der Weltenschöpfer und oberste Gott Jubmel formte aus dem Nordlicht und aus etwas Schnee den ersten Noita, einen Schamanen: Er schuf ihn kalt wie eine Schneewehe, warm wie der Frühling, klar wie das Licht, scharf wie der Blitz – so übersetzte der Schweizer Schriftsteller, Lapplandforscher und Kenner der samischen Kultur Hans Ulrich Schwaar. Das Nordlicht wurde auf den Trommeln der Schamanen als Symbol abgebildet. Die Samen geben dem Phänomen verschiedene Bezeichnungen, zum Beispiel: Licht, das man hören kann. Es wird mit Klang assoziiert.
Quelle: Hans Ulrich Schwaar (Hg. und Übers.) Sápmi – Mythen und Sagen aus Lappland (S.60f,93f), Frauenfeld 1996

 

Nach besonderen Erinnerungen im Zusammenhang mit dem Regisseur Carl Theodor Dreyer befragt, antwortete die dänische Schauspielerin Lisbeth Movin in dem Dokumentarfilm von Torben Skjødt Jensen, er wollte seine Charaktere keinesfalls geschminkt haben. Der Ausdruck sollte in den Augen liegen. Sie war noch nicht mit ihrer Schauspielausbildung fertig, als Dreyer sie für seinen Film Vredens dag (Tag der Rache) auswählte. Der Film wurde 1943 gedreht, während der nationalsozialistischen Besetzung Dänemarks. Die Handlung liegt im 17. Jahrhundert zur Zeit der Hexenprozesse: Liebe und Glaube werden mit Haß und Verleumdung konfrontiert, Zukunft wird mit Tod bedroht. Es durfte kein Lippenstift aufgetragen werden, er schminkte mit Licht, so Lisbeth Movin 1995. Das Licht wird in Dreyers Filmen am Schatten sichtbar. Er komponierte Helles und Dunkles auf Wänden und Gesichtern. Die so entstehenden Schattenbilder sind Zeichnungen der inneren Zustände und der äußeren Umstände, von Vergangenheit oder Zukunft, von Vergessen oder Erinnern, von Trauer oder Glück. Die Lichtquellen in den Bildern nehmen daran teil: Laternen, Kerzen, Tischlampen, Luster, Feuer. Dreyer zeigt uns, wie das Böse entsteht: Von Menschen gemacht, in ihrer Überheblichkeit und Überzeugung, nur Gutes zu tun. Er zeigt das konsequent mit Licht in dunklen Bildern. Licht und Dunkel haben hier mehrfache Bedeutung. Es ist Kraft im Bösen, sagt die alte heilkundige Frau in der ersten Szene, die am Höhepunkt des Films als Hexe lebendig verbrannt wird. In der letzten Szene wissen wir, wie das gemeint war. Tag des Zorns, der dunkle Nacht über unsere Erde bracht’ – singen dazu die Chorknaben, die zu solchem Denken und Tun erzogen werden. Vorlage für das Drehbuch war das Drama Anne Pedersdotter des norwegischen Schriftstellers Hans Wiers-Jenssen, das 1908 im Nationaltheater in Oslo – damals Christiania – uraufgeführt worden war. Das Thema behandelt den tatsächlichen Prozeß der Anne Pedersdotter, die 1590 in Bergen als Hexe verbrannt wurde. Dieser Fall war der Auftakt für eine große Zahl an Hexenprozessen in Norwegen, vor allem in Finnmark ab 1621. Am Ende von Dreyers Film erkennen wir nur noch den diffusen Schatten eines Friedhofskreuzes. Dann verlöscht auch dieses Licht. Das Ende ist hier der Tod. Tod aber würde trösten, wäre es nicht Mord. Dies irae!
Quellen: Carl Theodor Dreyer (Regie), Vredens dag (Tag der Rache), Dänemark 1943 / Torben Skjødt Jensen (Regie), Carl Theodor Dreyer: Min metier (Mein Metier), Dänemark 1995
en.wikipedia.org/wiki/Anne_Pedersdotter (Zugriff: 19.8.2012)

 

Vieles im Zusammenhang mit Gut und Böse wurde deutlicher in der Literatur und in der bildenden Kunst als in den Geisteswissenschaften angesprochen und dargestellt. Die Religionen haben auf diesem Wege in dunkle Bereiche geführt. Die Philosophie muß sich zu dieser Thematik mit den offiziellen Vorstellungen von Ethik und Moral auseinandersetzen, sie betritt damit jedenfalls ein Terrain, das nur im theoretischen, nicht im praktischen Sinne faßbar ist. Eben darauf verweist Hannah Arendt in ihrer Vorlesung Einige Fragen der Ethik, und sie bemerkt, daß in philosophischen und literarischen Werken gerne der Luzifer zitiert wird, um das Beste und das Schlechteste miteinander zu verbinden. Denn Luzifer ist nicht nur ein Teufel, er ist ursprünglich der Lichtbringer nach der Übersetzung aus dem Lateinischen, nach der römischen Mythologie heißt so der Morgenstern, der mit der aufgehenden Sonne verschwinden muß. Nach den Mythen und Legenden aus dem Alten Testament ist er aber ein gefallener Engel. Das Gute ist nach diesem Gedankengang mit dem Licht verwandt, das Böse konsequenterweise mit der Finsternis. Der Fall des Engels ist durchaus wörtlich zu verstehen, die Bibelstellen dazu beziehen sich auf altgriechische und babylonische Mythen, ohne aber einen eindeutigen Namen zu nennen. Die christlichen Theologen – vor allem im 12. Jahrhundert – verknüpften für ihre Exegesen mehrere Quellen, um die Vorstellung des Bösen anschaulich zu beleuchten. Demnach war Luzifer ein Erzengel und Cherub und der Sohn des Morgenrots. Im hellsten Schein ging er im Garten Eden umher, Gott hatte ihn zum Hüter aller Völker gemacht. In dieser Stellung wurde er bald überheblich im wörtlichen Sinn, sein Ziel war es, dem Höchsten zu gleichen. Dieser warf daraufhin den Anmaßenden aus Eden auf die Erde, und weiter von der Erde in die tiefe Finsternis der bodenlosen Hölle. An diesem Bild – im Sturz schien Luzifer wie ein Blitz – wird der Einfluß der griechischen Mythologie sichtbar, nämlich der Episode vom Fall des Phaethon, die allerdings auf noch ältere Wurzeln zurückgeht. Ausführlich hat der römische Dichter Ovid in seinen Metamorphosen diese Geschichte in poetische Worte übertragen, und nach seinem Konzept demonstriert er aus der Überlieferung eine Verwandlung: Nichts bleibt, wie es vorher war, aber die Zerstörung findet auf diese Weise immer neue Fortsetzung. Phaethon ist der Sohn des Sonnengottes Phoebus. Seiner Mutter Clymene mißtraut er ob der wahren Vaterschaft, sie schickt ihn also zu seinem Erzeuger, der den Jüngling liebevoll empfängt. Leider läßt sich dieser, immer noch zweifelnd, zum Beweis einen Wunsch erfüllen, er will nämlich des Vaters Sonnenwagen mit den vier Rossen einen Tag lang lenken dürfen. Alle Warnungen vor diesem gefährlichen Unternehmen nützen nichts, die Katastrophe nimmt am nächsten Morgen ihren Lauf. Die Rosse stürmen los, werden bald zügellos und geraten aus der Bahn, Kältezonen tauen auf, Gewässer kochen über und verdunsten, die Erde steht allenthalben in Brand, Städte und Landschaften werden zu Asche, dem Wagenlenker zittern die Knie, bei so viel Licht deckt Dunkelheit seine Augen. In dieser Not fleht Tellus – die Mutter Erdeden höchsten der Götter um Hilfe an. Jupiter schleudert einen Blitz. Der Wagen zerschmettert, die Pferde sprengen davon, Phaethon stürzt wirbelnd vom Himmel durch den weiten Luftraum herab, und der brennende Körper landet im riesigen Strom des Eridanus, heute ist das der Fluß Po. Die Nymphen bergen und begraben ihn und setzen eine Tafel auf sein Grab: Hier ruht Phaethon; er lenkte den Wagen des Vaters. Dieser aber, Phoebus, ist jetzt in Trauerkleidung gehüllt und verfinstert. Er haßt das Licht, haßt sich selbst und den Tag. Er versagt der Welt seinen Dienst, und hätten nicht alle Götter flehentlich gebeten, und hätte Jupiter sich nicht für den tödlichen Blitz entschuldigt, dann wäre die Welt noch immer in Finsternis gehüllt. Die Überlieferung verwandelt Geschichte und Geschichten, jede Auslegung weiß mehr als ihre Quelle, jede Interpretation weiß mehr als ihre Übersetzung. Der Fall des Phaethon wird zum Sturz des Luzifer. Der Ursprung ist das Licht, es steht für das Gute und Göttliche. Die bildende Kunst hat dies ganz wörtlich genommen, indem sie eine betreffende Person mit einem leuchtenden Kreis um Kopf oder Körper kenntlich macht. Der so bezeichnete Heiligen- oder Glorien- oder Strahlenschein, auch Nimbus, Gloriole oder Aureole genannt, ist in allen Kulturen vertreten. Nicht nur strahlen: die Heiligenscheine von Matthias Grünewald blühen auf, andere läßt er brennen und lodern, wieder anderen verleiht er kühles oder gar kaltes Licht. Matthias Grünewald hatte um 1510 den Auftrag erhalten, die Flügel eines Altars mit drei Schauseiten in dem Kloster des Antoniterordens in Isenheim, einer Spitalskirche, zu schaffen. Heute ist dieser Altar im Unterlinden-Museum in Colmar aufbewahrt. Das zentrale Altarbild, die Geburt Christi, zeigt auf seiner linken Seite einen musizierenden Engelschor. Drei Engel im Vordergrund geben den Ton an mit Musikinstrumenten, sie haben – im Unterschied zu den übrigen – seltsamerweise keine Heiligenscheine, dafür sind die fließenden wallenden Gewänder von zwei derselben wie mit Polarlicht gefärbt. Der dritte Musikant hat zu allerlei Interpretationen angeregt: Er ist dunkel, er trägt ein grün-blau-braunes Federkleid, er schaut schief in den düsteren Hintergrund, und von dorther scheint er auch zu stammen – ein Geist der Finsternis. Grünewalds Engel sind anziehend und abstoßend zugleich. Sie scheinen – sofern sie das Gute ausstrahlen – mehr oder weniger auch das Böse mitgebracht zu haben. Hat sich da Luzifer hineingeschlichen in den Grünblaubraunen mit dem giftigen Blick? Zumindest gibt der Künstler uns da vieles zu denken: Wenn im Bösen auch das Gute enthalten sein soll, dann ist die Umkehrung ebenso denkbar. Möglicherweise ist also hier das Beste und das Schlechteste miteinander verbunden. Nach Hannah Arendt ist das wirklich Böse aber das, was uns nichts anderes mehr sagen läßt als: Dies hätte nie geschehen dürfen. Wie immer es beleuchtet wird, das Böse ist nicht erklärbar, aber es ist. Und gut ist, ihm nicht zu begegnen.
Quellen: Hannah Arendt (Übers. Ursula Ludz), Über das Böse – Eine Vorlesung zu Fragen der Ethik (S.44f), München Zürich 2003 / Robert von Ranke-Graves und Raphael Patai (Übers. Sylvia Höfer), Hebräische Mythologie (S.69ff), Reinbek bei Hamburg 1994 / Robert von Ranke-Graves (Übers. Hugo Seinfeld, Boris v. Borresholm), Griechische Mythologie (S.137ff), Reinbek bei Hamburg 1994 / Publius Ovidius Naso (Übers. Gerhard Fink), Metamorphosen – Zweites Buch (S.59ff), Düsseldorf Zürich 2004 / Horst Ziermann, Matthias Grünewald (S.74ff), München London New York 2001

 

Der technische Fortschritt wird zunehmend für die Industrie ein Geschäft mit unserem Verlust: Während weltweit die totale und permanente Illumination unseres Planeten umgesetzt wird, wird weltweit das Verbot der sogenannten Glühlampe angeordnet und zugleich die massenweise Produktion und Propagierung von sogenannten stromsparenden Lichtquellen vorangetrieben. Es ist die Schande einer aufgeklärten Gesellschaft, daß ihr Wissen der Ausbeutung von Menschen und Umweltressourcen dient. Wir sind die Zeugen.

Sigrid Hauser, Universitätsprofessorin für Architekturtheorie an der Technischen Universität Wien.
Geboren und aufgewachsen in Meran.
Studium der Architektur, Diplom, Dissertation und Habilitation an der Technischen Universität Wien.

Zahlreiche Publikationen zu diversen Themen der Konzeptions- und Rezeptionsästhetik, Schwerpunkte sind Fotografie, Film, Kunst, Literatur und Politik im Zusammenhang mit Architektur (Auswahl):
Idee, Skizze, ... Foto – Zu Werk und Arbeitsweise Lois Welzenbachers, Löcker, Wien 1990
Sprache – z.B. Architektur,
Löcker, Wien 1998
Peter Zumthor – Therme Vals, Scheidegger & Spiess, Zürich 2007
Kafkas Raum im Zeitalter seiner digitalen Überwachbarkeit,
Löcker, Wien 2009
Der Fortschritt des Erinnerns –
Mit Walter Benjamin und Dani Karavan in Portbou,
Wasmuth, Tübingen Berlin 2010